Rückenschmerz-Mythen – Teil 1/3

1. Gerades Sitzen schützt vor Rückenschmerzen

Biomechanisches „gerades“ Sitzen kann die passiven Strukturen (Bänder, Gelenkskapseln, Bandscheiben) der Wirbelsäule entlasten und Scherkräfte reduzieren. Allerdings kann auch verkrampft „gerades“ Sitzen zu vermehrter Beanspruchung der Muskulatur führen, was wiederum zu einer Minderversorgung der Muskelzellen mit Sauerstoff und Nährstoffen führt.  Dies hat zur Folge, dass die betroffenen Muskeln Schmerzsignale ans Gehirn senden. Wesentlich ist, die Sitzposition regelmäßig zu verändern und mit entsprechenden Mobilisationsübungen (siehe im nächsten Blogartikel) prophylaktisch gegen mögliche Rückenbeschwerden zu arbeiten (Bontrup et al., 2019; Ernst, 1992)

Physio-Freudensprung-Rückenschmerzen

2. Gegen Rückenschmerzen hilft Ruhe und Schonung

Viele Jahre glaubte man, dass Ruhe und Schonung die Therapie der Wahl bei Rückenschmerzen seien. Diese Empfehlung ist jedoch stark veraltet. Aktuell zeigt die Studienlage, dass körperliche Aktivität und Bewegung die Schmerzstärke reduziert und damit die Lebensqualität verbessern kann. Hier können unter anderem PhysiotherapeutInnen mit ihrem medizinischem Know-How und ihrer Expertise in Sachen Training unterstützend dazu beitragen Rückenschmerzen zu lindern (Geneen et al., 2017; Koes et al., 2010)

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3. Einmal Rückenschmerz, immer Rückenschmerz

„Ach Rückenschmerzen habe ich schon ewig“. Oft hört man diesen Satz in der physiotherapeutischen Praxis. Viele sind der Meinung: „Einmal Rückenschmerz, immer Rückenschmerz“, oder „Wenn die Bandscheibe mal draußen ist, muss ich dauerhaft unter Rückenschmerzen leiden“. Erstens: Bandscheiben können sich wieder regenerieren und ausheilen. Zweitens kann man mithilfe verschiedener Maßnahmen Rückenschmerzen dauerhaft lindern bzw. beseitigen. Hierzu zählen unter anderem physiotherapeutische, osteopathische oder andere medizinische Maßnahmen, aber auch Strategien zur Stressbewältigung oder Arbeitsplatzergonomieschulungen. Chronische Rückenschmerzen stellen meist ein multimodales Beschwerdebild dar, welches auch mehrere Ursachen haben kann (Stress, Ernährung, Verhalten, Bewegungsmangel, uvm.). Deswegen bringt oft eine interprofessionelle Zusammenarbeit mehrerer Berufsgruppen (z.B. Physiotherapie, Diätologie, Psychologie) den entsprechenden Erfolg (Airaksinen et al., 2006).

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Quellen:

Airaksinen, O., Brox, J. I., Cedraschi, C., Hildebrandt, J., Klaber-Moffett, J., Kovacs, F., … Zanoli, G. (2006). European guidelines for the management of chronic nonspecific low back pain. European Spine Journal, 15(Suppl 2), s192–s300. https://doi.org/10.1007/s00586-006-1072-1

Bontrup, C., Taylor, W. R., Fliesser, M., Visscher, R., Green, T., Wippert, P.-M., & Zemp, R. (2019). Low back pain and its relationship with sitting behaviour among sedentary office workers. Applied Ergonomics, 81, 102894. https://doi.org/10.1016/j.apergo.2019.102894

Ernst, E. (1992). Medically correct sitting, does it exist? Wiener Medizinische Wochenschrift, 142(22), 513–516.

Geneen, L. J., Moore, R. A., Clarke, C., Martin, D., Colvin, L. A., & Smith, B. H. (2017). Physical activity and exercise for chronic pain in adults: An overview of Cochrane Reviews. Cochrane Database of Systematic Reviews, (4). https://doi.org/10.1002/14651858.CD011279.pub3

Koes, B. W., van Tulder, M., Lin, C.-W. C., Macedo, L. G., McAuley, J., & Maher, C. (2010). An updated overview of clinical guidelines for the management of non-specific low back pain in primary care. European Spine Journal, 19(12), 2075–2094. https://doi.org/10.1007/s00586-010-1502-y