Der Dynamische Arbeitsplatz

Morgens um 7h30 mit dem Auto ins Büro, mal bis 12h am PC sitzen, ein Zoom-Meeting hier, ein Telefonat da, eine gelegentliche WC oder Kaffee Nachschenk-Pause. Mittagessen in der Firmenkantine oder ums Eck im nächsten Restaurant. Um 13h wieder zurück an den Schreibtisch, nächste Besprechung, bisschen Recherche da und Tippen bis die Finger krampfen. Um 17h dann der Weg mit dem Auto nachhause. Dort wartet Abendessen und die Couch. Diese Tagesabläufe sind den meisten Leser*innen hier wohl nur allzu gut bekannt. Ob es nun der Büroplatz oder der Schreibtisch für Uni- oder Schulwerkeleien sind. Wie in den vorherigen Artikeln bereits aufbereitet wurde, machen die 45 Minuten Fitnessstudio nach Feierabend leider nicht den sitzlastigen Tag zuvor wieder gut.

In vielen Berufsgruppen können wir den Arbeitstaginhalt wie längerer Computerarbeit oder Phasen konzentrierter, bewegungsarmer Tätigkeiten nicht entrinnen. Sehr wohl aber können wir Einfluss auf unser Umfeld, Art und Weise der Durchführung und Pausengestaltung nehmen und so viel Dynamik wie möglich in unseren Arbeitsalltag einbauen, um die negativen Folgeerscheinungen eines statischen Tagesablaufes so gering wie möglich zu halten. 

Mittlerweile ist den meisten der „Steharbeitsplatz“ bereits ein Begriff. Hierbei werden Arbeitsfläche (z.b. Bildschirm, Tastatur und Maus) und Sitzmöglichkeit auf die stehende Körperposition angepasst. Prinzipiell mal ein simples Prinzip mehr Aktivität an den Arbeitsplatz zu bringen.

Ein Wechsel zu einem Steharbeitsplatz ist jedoch komplexer als es vielleicht im ersten Überlegen erscheint. Es gibt u.a. unterschiedliche Optionen an Möblierung und diese müssen wiederum individuell an den eigenen Körper und seine Bedürfnisse angepasst sein.

Wie soll nun der optimale, dynamische Arbeitsplatz aussehen?

Die goldene Regel beim Umstieg auf den Steharbeitsplatz – der Arbeitsplatz soll sich Ihrem Körper anpassen und nicht Sie sich dem Arbeitsplatz.

Der Schreibtisch

Hier können Sie zu Beginn die Wahl zwischen höhenverstellbaren und einem fixen Stehschreibtischen treffen.

Beide haben natürlich ihre Vor- und Nachteile. Der verstellbare bietet eine flexiblere Möglichkeit zwischen Steh- und Sitzschreibtisch zu wechseln. Das kann den Einstieg in den stehenden Arbeitsalltag erleichtert, da man den Vormittag füllen kann mit Dingen die man leichter im Stehen erledigt wie Telefonieren und Videokonferenzen, und sich nachmittags mit konzentrierteren Arbeiten während deren man lieber sitzt beschäftigt (oder umgekehrt). Ein nicht unrelevanter Nachteil ist auch der Preis, da verstellbare Tische um einiges teurer sind.

Zudem begünstigen sie die Bequemlichkeit, denn Schreibtisch sobald er mal wieder auf Sitzhöhe gestellt wird, auch dort zu belassen.

Diese Option gibt einem der fixe Stehschreibtisch nicht. Hier spielt es sich wie mit Süßigkeiten. Hat meine seine Naschlade zuhause schön gefüllt, wird man früher oder später auch hineingreifen. Nimmt man sich von Beginn an die Nasch-Option weg indem man nichts kauft, fällt es einem viel leichter zu verzichten.

Der Schreibtisch sollte dann im ersten Schritt auf die optimale Höhe zu Ihrer Körperkonstitution eingestellt werden. Oberer Bildschirmrand des auf dem Tisch befindlichen Screens sollte auf Augenhöhe sein mit einem Abstand von ca. 45 bis 75 Zentimeter (oder so weit, dass Sie das komplette Bild erfassen können ohne den Kopf drehen zu müssen). Hier zieht die Faustregel „Der Körper folgt dem Kopf“. Ist der Bildschirm zu niedrig eingestellt, werden sich Augen und somit Kopf nach unten richten und sich folglich auch der restliche Körper runter runden.

Tastatur und Computermaus sollten ca. auf Ellbogenhöhe sein. So sollten sich dann Tastatur und Maus beide unter den Handflächen wiederfinden wenn sie den Ellbogen zu ca. 90° beugen.

Bei Laptoparbeitsplätzen kann der Laptop mit Unterlagen erhöht und der Bildschirm zur besseren Sicht gekippt werden.

Arbeitsplatz DIY
Arbeitsplatz DIY

Ideen für Do It Yourself Steharbeitsplätze

Sitzhocker

Suchen Sie sich am besten einen Sitzhocker der seine Sitzfläche ungefähr auf Höhe Ihrer Gesäßfalte hat. Denken Sie bei der Auswahl stets daran, dass der Hocker großteils zum Anlehnen gedacht ist und nicht zum längeren darauf sitzen. Also reicht hier das simpelste Modell.

Fußhocker

Zur Vollendung der Ausstattung Ihres Steharbeitsplatzes empfehlen wir auch einen kleinen Fußhocker oder ein (schräges) Auflagebrett für die Füße. Dafür könnte sich auch die Reeling auf Ihrem Sitzhocker verwenden lassen oder ganz einfach eine Box oder ein Karton. Eine solche Auflagefläche für einen Ihrer Füße bietet die Möglichkeit, die Lendenwirbelsäule schnell mal zu entlasten und das Becken neutraler auszurichten. Weiters motiviert die Auflagefläche die Stehposition immer wieder mal zu verändern und Gewicht zu verteilen.

Die Basis für Ihren dynamischen Arbeitsplatz ist nun geschaffen. Sie können den Großteil Ihres Arbeitstages nun in der Körper- und kreislaufaktivierenderen Haltung unterschiedlicher Stehpositionen absolvieren.

Wichtig: Die Umstellung ist zu Beginn höchstwahrscheinlich anstrengend. Geben Sie sich und Ihrem Körper Zeit sich an den neuen Arbeitsplatz zu gewöhnen und bauen Sie immer wieder auch Sitzpausen ein. Was Ihnen womöglich aber gleich zu Beginn auffällt, ist das Bewegung weniger anstrengend ist als statische Haltungen bewahren.

Zwei Schritte zur optimalen Nutzung Ihres Steharbeitplatzes
  1. Wechseln Sie so oft es geht Ihre Haltung. Leichte Gleichgewichtsverteilungen, Standbreite verändern, Füße abwechselnd auf den Fußhocker geben, dann wieder mal am Sitzhocker anlehnen. Alle 10 Minuten den Körper neu in die Neutralstellung ausrichten.
  2. Bauen Sie soweit es möglich ist auch immer wieder Bewegungs- und Mobilisationspausen ein. Optimal wäre eine Bewegungspause alle 30 Minuten in der Sie einmal alle großen Gelenke für 2-3 Minuten durchbewegen und/oder 10 Kniebeugen machen. Zur vollen Stunde können Sie dann eine Mobilisationspause einlegen, in der Sie z.B. eine der Übungen für 3 Minuten durchführen, die von Andreas in unseren Instagram Videos vorgezeigt wird.

Solche kurzen Pausen sind nicht nur für unseren Bewegungsapparat wichtig. Sie geben auch unserem Gehirn und damit unserer Aufmerksamkeits- und Konzentrationsfähigkeit Möglichkeit Sauerstoff zu tanken und mit neuer Energie weiterarbeiten.

Der Großteil von uns Menschen sind „Gewohnheitstiere“, da Gewohnheiten unseren Alltag erleichtern und uns Energie sparen. James Clear schenkt uns in seinem Buch „Atomic Habits“ ein gut greifbares Rezept für eine nachhaltige Gewohnheitsformung.

Machen Sie die Gewohnheit zu allererst offensichtlich, zweitens attraktiv, drittens einfach, viertens befriedigend.

Mit offensichtlich ist gemeint, dass wir einen Auslösereiz setzen. Dies könnte ein Timer am Handy sein oder ein kleines Erinnerungspost-it am Bildschirm. Attraktiv können Sie die Gewohnheit gestalten, indem Sie sie an eine Tätigkeit knüpfen, die Sie bereits gerne machen. Kombinieren Sie z.B. eine längere Mobilisations- oder Bewegungspause mit einer Kaffee-, Tee oder Trinkpause. Oder der Toilettenpause. Einen Schritt in die Vereinfachung haben Sie bereits mit dem Stehschreibtisch getan, da der Körper sich leichter aus dem Stand heraus bewegt, als aus dem Sitz. Befriedigung holt man sich generell über Belohnung. Belohnend könnte hier zum Beispiel eine kleine Tratschpause mit Arbeitskollegen*innen sein während der Sie gemeinsam ihre Mobilsationsübungen machen.

Gehen Sie diesen Prozess langsam an. Es wird sich nicht als nachhaltig erweisen, von heute auf morgen Ihren kompletten Arbeitstag umzustellen. Seien Sie geduldig mit sich und gönnen Sie sich auch immer wieder mal eine Sitzpause. Gestalten Sie Ihr Umfeld so, dass Ihnen Bewegung erleichtert wird und Sie im Laufe der Zeit die positiven Auswirkungen eines aktiveren Alltages spüren und wahrnehmen können, damit dieser auch Sinn für Sie ergibt.

Quellen:

James Clear (2018) „Atomic Habits“. Random House Business; 1. Edition

Dr. Kelly Starrett, Julia Starrett, Glen Cordoza (2016) „Deskbound: Standing Up to a Sitting World“. Victory Belt Publishing; 1. Edition