Frozen shoulder – eine unangenehme Bewegungs- einschränkung

Immer wieder treffen wir auf Patienten in der Praxis, die mit einer eingesteiften Schulter zu uns kommen. Die Schulterschmerzen sind keine große Sache mehr, sondern viel stärker quält sie eine deutliche Bewegungseinschränkung der Schulter. Als ob sich der Arm einfach nicht mehr heben lassen möchte.

In so einem Fall sprechen wir von einer adhäsiven Capsulitis, eher bekannt als Frozen Shoulder. Es ist ein seltenes Schulterproblem, welches (glücklicherweise nur) ca. 3% aller Erwachsenen betrifft. (Starr, 2018) Momentan geht man von einer vorangegangen Entzündung aus, die für die Schulterunbeweglichkeit verantwortlich ist. Wieso diese Schulterentzündung auftritt ist nicht restlos erforscht.

Einige bekannte Faktoren erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer Frozen Shoulder: (Gillott, 2017)

  • Alter: Die häufigsten Fälle von Frozen Shoulder treten zwischen dem 40. Und 60. Lebensjahr auf.
  • Geschlecht: 70% aller Fälle sind Frauen.
  • Vorverletzung: Sofern der Arm bzw. die Schulter verletzt war kann das die Wahrscheinlichkeit, eine Frozen Shoulder zu entwickeln, erhöhen.
  • Diabetes: 10-20% von Diabetespatienten entwickeln eine Frozen Shoulder. Meist zeigen Diabetespatienten dabei auch stärkere Einschränkungen. Die Gründe dafür sind unklar.

Man vermutet, dass folgende Diagnosen die Wahrscheinlichkeit eine Frozen Shoulder zu entwickeln, erhöhen: (Gillott, 2017)

  • Schlaganfall/Insult
  • Schilddrüsenfehlfunktion (Hyperthyreose, Hypothyreose)
  • Herzerkrankungen
  • Morbus Parkinson

Verlauf

Die Frozen Shoulder läuft gewöhnlich in 3 Phasen ab (Niethard, 2009):

  1. „painful phase“ (Schmerzphase): In dieser Phase startet die Bewegungseinschränkung der Schulter. Sehr häufig ist in dieser Phase auch der Schmerzhöhepunkt. Charakteristisch ist, dass der Schmerz in der Nacht stärker wird, besonders wenn man auf der betroffenen Seite liegt. Die Angaben, wie lange diese Phase dauert, variieren sehr stark – häufig liest man zwischen 2 und 9 Monate.
  2. „frozen phase“ (Phase des Einsteifens): Die Schulter ist in einer Art Übergangsphase. Die Schmerzen lassen nach, aber die Beweglichkeit der Schulter nimmt weiter ab. Oft hört man vom Gefühl „einer mechanischen Blockade“. Auch die Dauer dieser Phase wird mit 2 bis 6 Monate sehr unterschiedlich beschrieben. Am Ende steht eine relativ schmerzfreie Schultersteife, die auch mit bis zu einem Jahr anhaltend sein kann.
  3. „thawing phase“ (Phase des Auftauens/des Lösens): Die Versteifung beginnt sich langsam zu lösen und die Schulter wird von alleine wieder etwas beweglicher. Oft erleben wir, dass bei Betroffenen letztendlich eine mehr oder weniger stark ausgeprägte Bewegungseinschränkung bestehen bleibt.
    Es ist quasi nicht mehr so steif wie es einmal war, aber auch nicht mehr so beweglich wie vor der Erkrankung.

Diagnostik

Bis eine Frozen Shoulder diagnostiziert wird vergehen oft einige Wochen, manchmal sogar Monate. Das hat mehrere Gründe. Erstens, wie schon zuvor erwähnt, tritt dieses Problem nur bei 3% der Bevölkerung auf und ist somit relativ selten. Weiters erkennt man die Frozen Shoulder nicht in radiologischen Untersuchungen (wie z.B. Röntgen, Ultraschall/Sonographie oder MRT). Lediglich eine Magnetresonanz mit Kontrastmittel kann bei einer Verklebung des caudalen Rezessus, sowie einer Capsulitis einen Hinweis auf eine Frozen Shoulder geben. Ausschlaggebend für die Diagnostik sind in erster Linie die klinische Bewegungsprüfung sowie die Dauer, wie lange die Beschwerden schon vorliegen. (Niethard, 2009)

Behandlung

Es wird beschrieben, dass die Frozen Shoulder von alleine heilen kann, das jedoch bis zu 3 Jahre dauert.

In der Behandlung verfolgt man je nach Phase unterschiedliche Ziele:

In der Frühphase wird gezielte Schmerztherapie empfohlen. Gerade um die Erduldung der Schmerzphase leichter durchzustehen und eine Symptomlinderung zu erzielen können steroidale Schmerzhemmer (Buchbinder, 2006) und nichtsteroidale Antirheumatika (IQWiG, 2008) helfen.

In späteren Phasen ist die Mobilisierung, also das Wiederherstellen der Schulterbeweglichkeit im Vordergrund. Physiotherapetische Dehnungs-, sowie Kräftigungsübungen der Schulter- und Schultergürtelmuskulatur sind hier ein Eckpfeiler in der Behandlung dieser Schulterbeschwerden (Niethard, 2009) und sind in Kombination mit steroidalen Medikamenten die effektivste Methode die Steifigkeit zu verbessern. (IQWiG, 2008) Wärme wird vor den Dehnungsübungen empfohlen. (Athwal, 2018)

Page et al. berichteten 2014, dass eine Kombination aus manueller Therapie und Übungen eine zentrale Säule der nichtoperativen Behandlung von Frozen Shoulder darstellt. Wissenschaftliche Evidenzfindung ist aufgrund einer hohen Bandbreite an Übungen und manuellen Techniken schwierig. Obwohl statistisch kein Unterschied zu einer Placebo-Anwendung von Ultraschall gefunden wurde, berichteten Patienten von einem größeren Behandlungserfolg durch die Physiotherapie.

Neben Schmerzmittel und Physiotherapie kann auch Hydrodilatation angewandt werden. Hierbei wird eine Mischung aus einem Kontrastmittel, einem lokalen Betäubungsmittel, Salz und Kortison in das Schultergelenk injiziert und soll so die Schultergelenkskapsel aufdehnen. (Page, 2014; IQWiG, 2008) Ein Behandlungserfolg kann erst einige Wochen später ausgewertet werden (Athwal, 2018)

Bei anhaltenden Beschwerden kann in bestimmten Fällen eine Operation in Erwägung gezogen werden, bei der die Gelenkskapsel gespült und gedehnt wird (Arthrolyse). (Niethard, 2009)

Zusammenfassend ist die Frozen Shoulder leider ein Schulterproblem, welches im Alltag oft sehr einschränkend ist und viel Zeit und Geduld fordert. Nichtsdestotrotz hat sie eine gute Prognose und kann auch nach jahrelangen Beschwerden wieder heilen. Entsprechend der Phase der Frozen Shoulder können Medikamente oder therapeutische Übungen helfen, die Beschwerden zu lindern.

 

Quellen:

Athwal, G. S., Widmer, B. (2018). Frozen Shoulder. https://orthoinfo.aaos.org/en/diseases–conditions/frozen-shoulder

Buchbinder, R., Green, S., Youd, J. M., & Johnston, R. V. (2006). Oral steroids for adhesive capsulitis. The Cochrane database of systematic reviews

Gillott, C. (2017, 5. Dezember). Frozen shoulder: What you need to know. https://www.medicalnewstoday.com/articles/166186

InformedHealth.org Institute for Quality and Efficiency in Health Care (IQWiG, 2008). Frozen shoulder: What can help?. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK328458/

Niethard, F.U. (2009). Duale Reihe Orthopädie und Unfallchirurgie (6. Aufl.). Thieme.

Page, M. J., Green, S., Kramer, S., Johnston, R. V., McBain, B., Chau, M., Buchbinder, R. (2014) Manual therapy and exercise for adhesive capsulitis (frozen shoulder). Cochrane Database of Systematic Reviews

Starr, O. (2018). Frozen Shoulder. https://patient.info/bones-joints-muscles/frozen-shoulder-leaflet/